Aufwärmübungen sind ein essentieller Bestandteil in der Prävention von Verletzungen. Nicht erst seit gestern forschen Sportwissenschaftler an einer sportspezifischen Warm-up Routine, um die Sportler bestmöglich auf die anstehende Belastung vorzubereiten.
Zu den klassischen Aufwärmübungen zählen die Vorbereitung des Herz-Kreislaufsystems, Dehn- bzw. Beweglichkeitsübungen sowie die Aktivierung der Core-Muskeln. In evidenzbasierten Programmen enthalten die Aufwärmübungen weiterhin Gleichgewichts- sowie Sprungübungen. Ein Beispiel hierfür ist das FIFA+ Programm.
Dieses stellt ein wissenschaftlich fundiertes Programm aus Aufwärmübungen für die Sportart Fußball dar und steht allen Nutzern kostenlos zur Verfügung.
In etlichen Abschlussarbeiten legen angehende Sportwissenschaftler dieses Programm auf verschiedene Sportarten aus. Dazu gehört natürlich, die häufigsten Pathologien sowie die dazugehörende Pathomechanismen der jeweiligen Sportart zu erforschen. Denn wie schon erwähnt, muss ein passendes Aufwärmprogramm sowohl aus einem allgemeinen Teil (Kardiovaskuläres Warm-up) sowie aus einem spezifischen Teil der Sportart bestehen.
Trotz all der Forschung und Bemühungen, die Verletzungen von jungen Sportlern zu reduzieren, scheint es dennoch noch Unklarheiten über Wirksamkeit diverser Aufwärmübungen bzw. -programmen zu geben.
In diesem Beitrag geht es darum, den wissenschaftlichen Stand von präventiven Aufwärmprogrammen hervorzuheben und zu klären, wer nicht adäquat auf diese Aufwärmübungen anspricht.
Aufwärmübungen bestehend aus Neuromuskulärem Training
Um das orthopädische Verletzungsrisiko zu reduzieren, beinhalten die Aufwärmübungen von Spitzensportlern vor allem Komponenten aus dem Neuromuskulären Training (NMT).
NMT dient dabei als Oberbegriff für eine Reihe von Trainingsmaßnahmen, die in ein Programm zur sportlichen Entwicklung integriert sind. Zumeist bestehen solche Warm-ups aus Übungen, welche Muskelkraft, Beweglichkeit, Gleichgewicht und Schnellkraft adressieren (Filipa et al., 2010).
Dementsprechend wird das Training dieser athletischen Grundlagen bei jungen Athleten als wichtiges Mittel zur Verringerung des Verletzungsrisikos angesehen (Lloyd et al., 2015).
Ein wichtiges Ziel von NMT-Programmen ist weiterhin die Verbesserung der Bewegungskompetenz im jungen Alter. Vor diesem Hintergrund können NMT-Programme als wichtig für die Entwicklung grundlegender Bewegungsfähigkeiten angesehen werden, die in Modellen zur sportlichen Entwicklung von Jugendlichen häufig gefördert werden (Liefeith et al., 2018)
Folglich zielen die speziellen Aufwärmübungen darauf ab, die motorische Kontrolle sowie die Fähigkeit des zentralen Nervensystems zu schulen, um koordinierte und zielgerichtete Bewegungen in Bezug auf die Interaktion des Körpers mit seiner Umgebung zu orchestrieren (Latash et al., 2010).
Aufwärmübungen – Wer sind die Non-Responder?
In einer druckfrischen Studie von Räisänen et al. (2022) wurde untersucht, welche Faktoren ursächlich für ein erhöhtes Verletzungsrisiko trotz NMT in der Aufwärmroutine sind.
in dieser Sekundärstudie wurden die jeweiligen Interventionsgruppen aus vier vorausgegangen Studien untersucht. Inkludiert in diese Untersuchung wurden 1793 Jugendliche im Alter von 11 bis 18 Jahren. Alle Probanden kommen auf dem Bereich Basketball, Fußball oder nahmen an dem Schulsportunterricht teil.
Alle Jugendliche, die neuromuskuläre Aufwärmübungen absolvierten und sich im Laufe der Studie dennoch verletzten, wurden als „Non-Responder“ kategorisiert.
Ergebnisse
Im Rahmen dieser Studie wurden alle Probanden in Gruppen geclustert. Eingeteilt wurde in Geschlecht, Alter, Größe, Gewicht, Vorverletzungen sowie in die Sportart.
Obwohl alle Probanden dieselben neuromuskulären Aufwärmübungen absolvierten, konnte bei diversen Studienteilnehmern eine erhöhte Verletzungsinzidenz beobachtet werden. So war bei Sportlern mit einer vorausgegangenen Verletzung die Wahrscheinlichkeit größer, sich im Rahmen dieser Studie erneut zu verletzen. Auffällig war ebenfalls, dass sich weibliche Jugendliche öfters verletzten als männliche Sportler.
Außerdem konnte festgestellt werden, dass bei Fußballern ein um 81% verringertes Verletzungsrisiko bestand, wenn diese drei NMT-Sessions pro Woche in ihr Training integriert haben.
Ebenfalls interessant: Das Alter scheint keine Rolle in der Effektivität von neuromuskulären Aufwärmübungen zu spielen.
Hier findet ihr den Originaltext zur Studie.
Zusammenfassung
Faktoren, die mit einen „Non-Responding“ an einem NMT-Aufwärmprogramm in Verbindung gebracht wurden, waren das weibliche Geschlecht, Verletzungen in den letzten 12 Monaten und eine geringere Teilnahme an wöchentlichen NMT-Sitzungen in einigen Sportarten (Fußball).
Was heißt das also für die Praxis? Euch sollte dadurch bewusst sein, dass das weibliche Geschlecht schlechter auf neuromuskuläre Aufwärmübungen reagiert als Jungen. Außerdem solltet ihr euch dazu entscheiden, ein NMT mehrmals die Woche mit euren Sportlern bzw. Patienten durchzuführen.
Besonders vorsichtig solltet ihr bei Sportlern mit einer Vorverletzung sein. Diese sind nämlich wie bereits beschrieben besonders häufig von einer (Wieder-)Verletzung betroffen.
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