Nahrungsergänzungsmittel im Profisport: Rettung oder Risiko?

Nahrungsergänzungsmittel im Profisport

Der Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ist gerade im Profisport sehr klein. Aufgrund der immer besser werdenden Trainingsmethoden und neuem Wissen aus den Sportwissenschaften, ist der Raum für große Verbesserungen mittlerweile doch sehr begrenzt. In einem solchen Umfeld sind deshalb sowohl die Athletinnen und Athleten als auch der Trainerstab ständig auf der Suche nach kleinen Möglichkeiten zur Verbesserung der Leistungen. Eine der verbleibenden Möglichkeiten zur Leistungssteigerung sind Nahrungsergänzungsmittel.

Nahrungsergänzungsmittel werden in der Praxis allerdings kontrovers diskutiert. Während die eine Seite es als legitimes Mittel zur Leistungssteigerung und Nährstoffversorgung betrachtet, nehmen andere gar die Position ein, dass es sich um eine unfaire Manipulation handelt. Hierbei ist sicherlich auch zu berücksichtigen, wo hier die moralische (nicht rechtliche) Grenze zwischen erlaubten Nahrungsergänzungsmitteln und nicht erlaubtem Doping gezogen wird.

Um dieses Thema einmal genauer zu beleuchten, möchten wir uns mit euch der ganzen Thematik mit diesem Artikel einmal annähern und dabei sowohl auf qualitativer- als auch quantitativer Basis einmal wissenschaftlich bewerten. Wir haben uns im Rahmen dieses Artikels deshalb auf die am häufigsten im Profisport eingesetzten Nahrungsergänzungsmittel konzentriert.

Nahrungsergänzungsmittel im Profisport: Ein Hype?

Wer sich für eine bestimmte Art des Profisports interessiert, oder gar selbst in diesem Bereich tätig ist, weiß es aus eigener Erfahrung: Die möglichen Steigerungen der Leistungen werden immer geringer. Dies steigert natürlich auch die Anforderungen, sowohl an das Training als auch an den Trainerstab. Weiterhin sind die Erwartungen an die Athletinnen und Athletinnen über die Jahre sicherlich ebenfalls gestiegen. Aus diesem Grund gehören Nahrungsergänzungsmittel heute zum Alltag vieler Sportlerinnen und Sportler. Die Produktpalette an Nahrungsergänzungsmitteln scheint dabei endlos zu sein. Von Kreatin, über Whey-Protein und bestimmten Vitamine bis hin zu Beta-Alanin ist meist alles vertreten. Gerade in nicht kapitalintensiven Sportarten verursacht dies teilweise höhere Kosten, die oft von den Athletinnen und Athleten selbst getragen werden.

Um eine sachliche Basis für unseren Blick auf Nahrungsergänzungsmittel im Profisport zu entwickeln, müssen wir uns vor allem auf verfügbare quantitative Daten aus wissenschaftlichen Studien verlassen. Deshalb haben wir uns ein paar dieser Studien einmal genauer angesehen, die vor allem die Auswirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln im Profisport, bzw. auf die Athletinnen und Athleten untersucht haben.

Zunächst konzentrieren wir uns deshalb auf den wohl alltäglichsten Begleiter vieler Sportlerinnen und Sportler: Das Proteinpulver.

Proteinpulver – Muskelmasse im Schnellverfahren?

Aus dem Bio-Unterricht wissen wir, dass unser Körper zum Aufbau von Muskelmasse Protein, bzw. Aminosäuren benötigt. Aus diesem Grund verwenden viele, wenn nicht die meisten, Athletinnen und Athleten irgendeine Form der Protein-Supplementierung. Diese geschieht meist in Form von Proteinpulvern, bzw. Proteinshakes. Die Studienlage hierfür ist relativ eindeutig und muss in der heutigen Zeit auch kaum noch erläutert werden. Eine repräsentative Studie (Smith et al., 2018), die in der Zeitschrift „Sports Medicine“ veröffentlich wurde, wies einen klaren Zusammenhang zwischen der Supplementierung von Protein in Form von Pulvern und der signifikanten Zunahme von Muskelmasse nach.

Insbesondere für kraftintensive Sportarten, oder auch Bodybuilding bietet sich eine Supplementierung also durchaus an und gehört deshalb fast schon zum Pflichtprogramm.

Kreatin – Großer Effekt, schnelle Wirkung?

Der Einsatz von Kreatin erfreut sich insbesondere über die letzten Jahre einer immer größer werdenden Beliebtheit. Darüber hinaus ist Kreatin neben Proteinsupplementen das wohl am detailliertesten erforschteste Nahrungsergänzungsmittel im Profisport. Aufgrund der breiten Forschung zu diesem Thema und dem darauf aufbauenden Wissen, stellt sich der Einsatz von Kreatin als sehr sicher dar. Kreatin wird vordergründig im Kraftsport und Sportarten eingesetzt, die vor allem Schnellkraft erfordern.

Eine Meta-Analyse (Kreider et al., 2017) konnte belegen, dass die Leistung von Athletinnen und Athleten in Bezug auf Kraft (bzw. Schnellkraft) signifikant durch die Einnahme von Kreatin gesteigert werden kann. Sportarten in denen sich der Einsatz, bzw. die Einnahme also lohnt, sind bspw. Gewichtheben und Bodybuilding, aber auch der Sprint in der Leichtathletik.

Ein häufig auftretender Effekt bei der Einnahme von Kreatin ist allerdings die Retention von Wasser. Die Wasserretention stellt eine normale Reaktion dar, führt aber zu einer Gewichtszunahme der einnehmenden Athletinnen und Athleten.

Du möchtest mehr über Kreatin erfahren? In einem eigenen Artikel haben wir das Thema einmal genauer beleuchtet.

Beta-Alanin – Mehr Ausdauer und weniger Ermüdung?

Ein immer populärer werdendes Nahrungsergänzungsmittel ist Beta-Alanin. Um herauszufinden, ob die Einnahme von Beta-Alanin einen nachweisbaren Effekt hat, haben wir uns hierfür eine Studie die sich mit diesem Thema beschäftigt näher angeschaut. Wir beziehen uns hier explizit auf eine Studie aus dem Jahr 2016 (Hobson et al.). Hierbei wurde die Wirkung von Beta-Alanin untersucht. Insbesondere wurde hierbei der Effekt von Beta-Alanin auf die Ermüdung und Ausdauer betrachtet. Das Ergebnis war wenig überraschend, wurde Beta-Alanin doch zu diesem Zeitpunkt schon als Nahrungsergänzungsmittel im Profisport eingesetzt.

Beta-Alanin kann die Ermüdung bei sportlichen Belastungen verzögern und erhöht damit die Leistung, insbesondere während kurzen Belastungen.

Die Grenze zwischen Nahrungsergänzungsmitteln im Profisport und Doping

Eine häufig diskutierte Kontroverse in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel im Profisport ist, dass die Einnahme oft als Grauzone definiert wird. Die Grenze zwischen Nahrungsergänzungsmittel und Doping, bzw. verbotenen Substanzen ist hier relativ fließend. Wichtig hierbei ist sicherlich auch die Definition von Doping. Eine häufig angeführte Definition ist dabei die des Europarates:

„Doping ist die Verabreichung oder der Gebrauch körperfremder Substanzen in jeder Form und physiologischer Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Weg an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf. Außerdem müssen verschiedene psychologische Maßnahmen zur Leistungssteigerung des Sportlers als Doping angesehen werden.“

Darüber hinaus ist besonders in der Praxis natürlich auch die Definition der Substanzen und die Dopingliste der WADA zu beachten.

Vorsicht bei Doping-Tests

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Profisport kann aber auch gefährlich sein. Insbesondere in Bezug auf potenziell positive Doping-Testergebnisse! Die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln stellen oft nicht nur ein Produkt her. Häufig werden auch Stoffe und Substanzen in den selben Maschinen verarbeitet, mit denen auch vermeintlich erlaubte Nahrungsergänzungsmittel hergestellt werden. Dies kann dann bei der Nichteinhaltung der notwendigen Sorgfalt (beispielsweise bei der Reinigung) eine Verunreinigung anderer Nahrungsergänzungsmittel zu Konsequenz haben, die in den selben Maschinen hergestellt werden. Es kann dann auch durchaus mal möglich sein, dass bei weniger sorgfältigen Herstellern bei der Herstellung eine Verunreinigung mit verbotenen Substanzen erfolgt. Wie auch aus der Presse immer wieder zur vernehmen ist, verstoßen manche Athletinnen und Athleten deshalb auch oft ungewollt gegen Dopingregeln.

Nicht zu vernachlässigen: Der Placebo-Effekt

Neben den schon weiter oben beschrieben nachgewiesenen Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln, spielt der Placebo-Effekt eine wichtige Rolle. Gerade im Profisport kommt es oft auf Nuancen an, die oft auf eine mentale Stärke, bzw. Schwäche zurückgeführt werden können. Dabei kann alleine der Glaube an die potenzielle Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln im Profisport buchstäblich Berge versetzen. Aufgrund des hierdurch gesteigerten Selbstvertrauens können Athletinnen und Athleten ebenfalls eine Leistungssteigerung erfahren. Wer selbst aktiv Sport treibt (oder getrieben hat), wird diesen Effekt mit Sicherheit aus eigener Erfahrung kennen.

Auch in Zukunft wird es bestimmt ein anhaltende Diskussion über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Profisport geben. Die Grenzen zwischen tatsächlichem Doping und Nahrungsergänzungsmitteln werden fließend sein, wobei aufgrund des immer weiter steigenden Leistungsniveaus eine Einnahme fast schon alternativlos ist.

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