Hamstrings – Beugt exzentrisches Training Verletzungen vor?

Wenn es um eine Verletzung der Hamstrings geht, steht vor allem eine Trainingsform ganz oben auf der Liste: Das exzentrische Training! Die Hamstrings, oder auch ischiokrurale Muskulatur (Ischios) genannt, spielen vor allem in schnellkräftigen Sportarten eine übergeordnete Rolle. Bei schnellen Sprints kommt es immer wieder zu Muskelzerrungen und -faserrissen, was für die Sportler oft mehrere Wochen Belastungspause bedeutet. Je nach Zeitpunkt der Verletzung heißt das nicht selten das Saisonaus für die Athleten (Silvers-Granelli et al., 2021)

Hamstrings – Verletzungsprävention

Obwohl Physio- und Sporttherapeuten sowie Athletiktrainer den Risiken einer Verletzung der Hamstrings bewusst sind, bleiben die Verletzungs- und Wiederholungsraten hoch. In Sportarten wie Fußball und Leichtathletik berichtet man von einer erneuten Verletzung der Hamstrings in 14-63% der Fälle (Wille et al., 2022).

Diskutiert als Grund für das hohe Wiederverletzungsrisiko werden Faktoren wie das exzentrische Kraftdefizit sowie das sensomotorische Timing der Muskulatur.

Erstaunlich ist außerdem, dass bis zu 70% der erneuten Verletzungen in den ersten 100 Tagen nach der Rückkehr in den Sport passieren (Bodendorfer et al., 2021).

Pathomechanismus der Hamstringverletzung

Der Pathomechanismus der am häufigsten für eine Hamstringverletzung ursächlich ist wird von Hickey et al. (2022) wie folgt beschrieben:

Die Verletzung tritt auf, wenn sich die Sehnen der Ischios verlängern, während sie exzentrische Kraft erzeugen, um die Gliedmaßen während der Schwungphase eines Sprints zu verlangsamen.

Obwohl das exzentrische Kraftdefizit der Hamstrings seit längerem Gegenstand der Forschung ist, sind die Aussagen diverser Studien widersprüchlich.

Das primäre Ziel der Preprint-Studie von Kocak et. al (2023) besteht darin, die exzentrische Hamstringkraft und -asymmetrie von Athleten zum Zeitpunkt des Return-to-sports (RTS) zu messen und festzustellen, ob es Unterschiede in der Kraftasymmetrie während des RTS zwischen denjenigen gab, die sich innerhalb eines Monats /drei Monaten erneut verletzten und denjenigen, die sich nicht erneut verletzten.

Daher lautet die Hypothese der Autoren:

Die Asymmetrie der exzentrischen Hamstringkraft bei Sportlern, die sich erneut verletzten, ist während des RTS größer als bei denen, die sich nicht verletzten.

Methodik

Für die Studie von Kocak et al. (2023) wurde auf Daten einer vergangenen Studie von Wille et al. (2022) zurückgegriffen. Hierbei wurden 60 Division 1 College-Athleten mit einer vorausgegangenen Verletzung der Hamstrings aus den Sportarten Fußball, Leichtathletik und American Football inkludiert. Untersucht wurden die Athleten auf die Parameter am Zeitpunkt des RTS:

  • Maximale exzentrische Kraft der Hamstrings jedes Beines
  • Maximale exzentrische Kraft der Hamstrings beider Oberschenkel zusammen
  • Asymmetrie der maximalen exzentrischen Kraft zwischen der Hamstringmuskulatur beider Beine

Es wurde verglichen, ob sich die obengenannten Paramater der Wiederverletzten von denjenigen unterschieden, die sich nicht erneut verletzt haben.

Ergebnisse

Von den 60 inkludierten Probanden erlitten 8 eine erneute Verletzung nach einem Monat RTS und insgesamt 11 Athleten eine Wiederverletzung nach drei Monaten RTS.

Es konnte kein signifikanter Unterschied der erhobenen Parameter zwischen Athleten die sich erneut verletzt haben und den Unverletzten festgestellt werden.

Dies bedeutet, dass weder die exzentrische Kraft noch die exzentrische Asymmetrie der Hamstrings ein Prädiktor für eventuelle Wiederverletzungen der Muskulatur ist.

Die Studie von Kocak et al. (2023) zeigt, dass sich die zum Zeitpunkt der RTS gemessene exzentrische Hamstringkraft nicht zwischen denjenigen unterschied, die sich innerhalb von drei Monaten nach der RTS erneut verletzt hatten und denjenigen, die sich nicht erneut verletzt hatten.

Somit kann die exzentrische Kraft der Hamstrings zwar zur Überwachung der Kraftentwicklung von verletzten Sportlern verwendet werden. Allerdings zeigt die zum Zeitpunkt der RTS ermittelte exzentrische Hamstring-Kraft und Asymmetrie jedoch keinen deutlichen Unterschied zwischen Sportlern mit und ohne erneute Verletzung.

Was heißt das also für die Prävention von Verletzungen der Hamstrings?

Die Wichtigkeit der exzentrischen Kraftentwicklung der Ischios ändert sich durch diese Studie erstmal nicht. Allerdings stellt diese offenbar keinen relevanten Faktor für das Verhindern einer Hamstringverletzung dar.

Hier findest du den Originaltext zu der Studie.

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