Ein Bandscheibenvorfall ist eine häufig auftretende Erkrankung der Wirbelsäule, die unter Umständen sehr schmerzhaft und behindernd sein kann. Allerdings kann ein Bandscheibenvorfall unter Umständen auch symptomlos, also ohne Schmerzen ablaufen. Insbesondere wenn die ausgetretene Bandscheibe nicht auf die Wurzel eines Spinalnervs drückt, besteht die Chance auf einen schmerzfreien Verlauf.
Es wird unterschieden zwischen einem Bandscheibenprolaps (tatsächlicher Badscheibenvorfall) und einer Bandscheibenprotrusion (Bandscheiben Vorwölbung). Sowohl der Bandscheibenvorfall als auch die Bandscheibenprotrusion können sehr unterschiedliche Symptome aufweisen.
Obwohl es dutzende Studien zu Rückenschmerzen nach einem Bandscheibenvorfall gibt, beschränken sich diese meist auf einen Zeitraum von unter 2 Jahren.
In diesem wissenschaftlichen Artikel fassen wir daher für euch die Ergebnisse einer Langzeitstudie über das Verhältnis zwischen chronischen Rückenschmerzen und einem Bandscheibenvorfall zusammen.
Bandscheibenvorfall Prävalenz
Schmerzen im unteren Rücken sind ein zunehmendes medizinisches Problem. In einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2012 wurde die weltweite Lebenszeitprävalenz von lower back pain mit 38,9 % angegeben. Das bedeutet, dass ca. 40% aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben mit Schmerzen im unteren Rücken zu tun haben.
Die Fälle chronischer LWS-Schmerzen steigen jährlich. Schuld daran sind vor allem die zunehmende Prävalenz kritischer Risikofaktoren wie Übergewicht, Stress sowie eine sitzende Lebensweise.
Das Vorkommen eines symptomatischen lumbalen Bandscheibenvorfalls wird auf 1,6 % bis 13,4 % geschätzt. Das asymptomatische Auftreten von einem lumbalen Bandscheibenvorfall bei jungen Erwachsenen wird dagegen mit 20% angegeben.
Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2017deutet darauf hin, dass sich bei 67% der Patienten mit einem Bandscheibenvorfall dieser durch eine konservative Behandlung spontan zurückbildet.
Studienlage Bandscheibenvorfall
Wie bereits umschrieben, ist die Studienlage für eine kurzfristige Nachsorge umfassend und gut untersucht. Darunter fallen Publikationen, die ein Follow-up der Probanden innerhalb von weniger als 2 Jahren beinhaltet.
Sowohl konservative als auch operative Interventionen zeigen eine gute kurzfristige Wirksamkeit.
Zu den langfristigen Ergebnissen für Patienten mit einem Bandscheibenvorfall gehören jedoch wiederkehrende Bandscheibenvorfälle, fortschreitende degenerative Bandscheibenerkrankungen und anhaltender Rückenschmerz
In der Literatur gibt es dennoch keinen klaren Konsens über die Langzeitfolgen von lumbalen Rückenschmerzen bei Patienten mit einem Bandscheibenvorfall.
Nichtsdestotrotz ist es wichtig, die Beziehung zwischen den anfänglichen Symptomen bei einem Bandscheibenvorfall und den langfristigen lumbalen Rückenschmerzen zu verstehen.
Dies ist vor allem dann von großer Relevanz, wenn es um die Behandlungsmöglichkeiten geht.
Daher geht es in einem Review von Wong et al. (2022) darum, die vorhandene Literatur über die Langzeitfolgen von lumbalen Rückenschmerzen bei Patienten mit einer symptomatischen Bandscheibenprotrusion zu evaluieren und in einen Kontext zu setzen.
Studie: Prävalenz langfristiger Rückenschmerzen nach symptomatischem lumbalem Bandscheibenvorfall
In die Übersichtsarbeit „Prävalenz langfristiger Rückenschmerzen nach symptomatischem lumbalem Bandscheibenvorfall“ von Wong et al. (2022) werden insgesamt 15 Studien mit 2019 Probanden eingeschlossen. Untersucht wurden die langfristigen Schmerzverläufe der Probanden nach einer chirurgischen oder nichtoperativen Behandlung.
Darüber hinaus wird der Zusammenhang zwischen radiologischen Befunden und postoperativen Schmerzzuständen untersucht.
Ergebnisse
Unabhängig von der Behandlungsmethodik litten 46,2 % der Patienten nach einem Bandscheibenvorfall langfristig in gewissem Maße an Lumbalgien, während die Langzeitprävalenz von Lumbalgien in der Allgemeinbevölkerung, also Menschen ohne Bandscheibenerkrankung nur 11,9 % betrug.
Somit ist bei Patienten nach einem Bandscheibenvorfall die Wahrscheinlichkeit von Langzeitrückenschmerzen höher als in der Allgemeinbevölkerung (46,2 % vs. 11,9 %). Darüber hinaus bleibt es eine große Herausforderung, den Zusammenhang zwischen radiologischen Befunden und Schmerzzuständen zu verstehen, da das Vorhandensein radiologischer Veränderungen und das Ausmaß von lumbalen Rückenschmerzen nicht immer korrelieren.
Hier gibt es die Originalstudie zum Nachlesen.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für die Behandlung eurer Patienten mit einem lumbalen Bandscheibenvorfall, sollte euch bewusst sein, dass diese, unabhängig der Behandlungsmethodik, deutlich öfters an chronischen Rückenschmerzen leiden als Personen ohne Bandscheibenvorfall. Damit sollte nicht nur eine langfristige Verhaltensroutine empfohlen werden. Für euch als Therapeuten liegt somit noch ein weiteres Argument für einen aktiven Lebensstil eurer Patienten vor.
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